11.10.2011 - Von IAGL unterstützte Kläger erfolgreich: VGH Kassel ordnet Nachtflugverbot an!

Zwei von IAGL unterstützte Kläger hatten Anfang September 2011 bei dem VGH Kassel beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss insoweit wieder herzustellen, als dass dort planmäßige Flüge zwischen 23 und 5 Uhr erlaubt worden waren. Die Kläger argumentierten, dass in dem Urteil des VGH Kassel die Rechtswidrigkeit dieser Regelung im Planfeststellungsbeschluss festgestellt worden war.
Nachdem bekannt geworden war, dass auch nach der Inbetriebnahme der neuen Landebahn nachts geflogen werden soll, prüfte die beauftragte Kanzlei Philipp-Gerlach und Teßmer, ob diese Nachtflüge verhindert werden könnten. Nach Abstimmung mit dem Vorstand des IAGL wurde am 05.09.2011 von RA Tobias Kroll aus der genannten Kanzlei der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt, insoweit, als die Nachflüge von 23 bis 5 Uhr nicht stattfinden dürfen. Dem hat das Gericht mit am 11.10.2011 bekannt gewordenen Beschluss im vollem Umfang entsprochen. Der VGH hat darin klargestellt, dass er sein Urteil im Ausbauverfahren sehr ernst nimmt und den Ausbau des Flughafens nur als rechtens anerkennt, wenn nachts nicht geflogen wird.

Das Gericht bekräftigt also das in den Musterverfahren ergangene Urteil vom 21.08.2009. An der Entscheidung, dass die Nachtflüge gegen das Abwägungsgebot verstoßen und der Planfeststellungsbeschluss insoweit aufgehoben worden sei, hält der Senat fest. Die Entscheidung wird auf verschiedene, selbständig tragende Erwägungen gestützt. Da die Kläger durch den Nachtfluglärm abwägungserheblich betroffen seien, werden sie durch die Zulassung dieser Flüge auch in ihren Rechten verletzt, so dass ihre Klagen in diesem Umfang Erfolg hätten. Aus diesem Grund überwiege das Aussetzungsinteresse das Interesse am Vollzug.

Die Fraport AG und insbesondere das Land Hessen sind durch diesen Beschluss des Gerichts - für sie sicherlich schmerzlich - an das Versprechen der Politik "kein Ausbau ohne Nachtflugverbot" erinnert worden. Diese Zusage wurde gebrochen und ist nunmehr zwangsweise wieder hergestellt. Die Fraport AG und insbesondere die Fluggesellschaften haben sich nach Bekanntwerden des Beschlusses umgehend dahingehend eingelassen, dass durch ihn ihr wirtschaftliches Interesse gröblich vernachlässigt werde. Diese Argumentation wird aber durch ihre gebetsmühlenartige Wiederholung nicht besser: schon ein Blick in Grundgesetz lehrt, dass das Rechtsgut der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit weit höher zu bewerten ist als das Profitinteresse von Firmen.

Der Beschluss des VGH ist durch Rechtsmittel nicht angreifbar. Er hat solange Bestand, bis das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in der Hauptsache entscheidet. Damit rechnen wir etwa Mitte des Jahres 2012. Wir hoffen, dass dieses Gericht nicht nur den Beschluss des VGH bestätigen wird, sondern darüber hinaus auch in den sogenannten Randzeiten zwischen 22 und 23 und 5 und 6 Uhr eine Einschränkung des Flugbetriebes anordnen wird. Selbst der Ausbau insgesamt steht nach wie vor auf dem Prüfstand.

Vorstand und Beirat des IAGL danken allen Mitgliedern und Förderern, da diese die durch ihre finanzielle Beteiligung es überhaupt erst möglich gemacht haben, dass der nunmehr erfolgreiche Antrag gestellt werden konnte.

 

13.06.2011 - IAGL fordert vom HMWVL die Gewährleistung der Nachtruhe

41 rund um den Frankfurter Flughafen beheimatete Bürgerinnen und Bürger fordern durch Anwaltsschreiben vom 10.6.2011 den für den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau des Frankfurter Flughafens bzw. den zugehörigen Betriebsregelungen zuständigen Staatsminister Posch auf, das Recht auf Nachtruhe der Einwohnerschaft zu beachten und es mit geeigneten Mitteln zu sichern.

Diese 41 Personen werden von dem in Offenbach ansässigen Institut zur Abwehr von Gesundheitsgefahren durch Lärm e.V. (IAGL) unterstützt und betreut. Das IAGL wird getragen von rund 60 Bürgerinitiativen, die sich im Bündnis "Gegen den Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot" zusammengeschlossen haben.

Die Rechtsstreitigkeiten über den Ausbau des Frankfurter Flughafens sind noch lange nicht abgeschlossen, da zumindest noch die Revisionsentscheidung gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Kassel (VGH) durch das Bundesverwaltungsgericht aussteht. Dennoch soll Ende Oktober, gleichzeitig mit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest, das im Planfeststellungsbeschluss vom 18.12.2007 enthaltene Betriebskonzept umgesetzt werden. In diesem ist - trotz anderweitiger Vereinbarungen in der Mediation - enthalten, dass in der Nacht zwischen 23.00 und 05.00 Uhr 17 planmäßige Flüge stattfinden dürfen.

Der VGH sieht demgegenüber den Gestaltungsspielraum für planmäßige Nachtflüge in dieser Zeit als auf "annähernd Null eingeschränkt" an. Er hat auch gefordert, in den beiden Stunden davor und danach (also zwischen 22 und 23 und 5 und 6 Uhr) nur einen sehr eingeschränkten Flugbetrieb zu gestatten. Das Gericht hat das diesen Anforderungen widersprechende Betriebskonzept des Planfeststellungsbeschlusses als rechtswidrig bewertet, d.h. die Regelungen, die der Verpflichtung zur Gewährleistung der Nachtruhe entgegenstehen, aufgehoben und das Land Hessen zur Neubescheidung verpflichtet.

Daran hält sich der Minister Posch einfach nicht. Nach Auffassung des IAGL und der Antragsteller führt das Urteil des VGH als eine Entscheidung im sog. Hauptsacheverfahren dazu, dass das Hess. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (HMWVL) bereits von Amts wegen die Durchführung von planmäßigen Flügen in der Zeit zwischen 23.00 und 05.00 Uhr generell aussetzen muss, und zwar unabhängig davon, dass das Hauptsacheverfahren gegenwärtig noch in der Revision schwebt. "Alles andere wäre eine Missachtung der dritten Gewalt, der Judikative, und ein Verstoß gegen die Bindung des Ministeriums an Recht und Gesetz" führte Hartmut Wagner, der 1. Vorsitzende des IAGL, aus.

Antrags an das Ministerium vom 10.06.2011 76 KB